Deutschthemen zum Freitag - Das Blog


Ja, Sie lesen richtig: das Blog. Da es sich um das Internet-Tagebuch handelt, ist Blog von sächlichem Genus. Aber das nur als Erklärung für die Überschrift.

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Die bisherigen Ausgaben stehen jeweils als zusammengefasster Beitrag zur Verfügung. Ich wünsche viel Vergnügen beim Lesen.

Veröffentlicht am von

42/2007

  • Vorweihnachtszeit - es werden wieder mehr Märchen vorgelesen, hoffe ich zumindest. Wenn man sich einen dicken Band der guten alten Brüder Grimm vornimmt, so fällt sprachlich nicht nur auf, dass dort jede Menge inzwischen altmodische Begriffe und Wendungen benutzt werden. Grammatikalisch spielt freilich die Zeitform Präteritum, also die Vergangenheit die entscheidende Rolle. Fast schon eigenartig mutet die Benutzung deshalb an, weil nicht wie heute zumeist gebraucht, ein quasi sittsam aus dem Englischen übernommener eingedeutschter Present Perfect verwendet wird. Beispiele? Gern: "Was hast du heute früh gegessen?", "Welchen Film habt ihr euch gestern angesehen?", "Ich bin vorgestern schon früh ins Bett gegangen." und "Ich habe letzte Nacht kein Auge zugemacht." Caesar sprach schließlich auch nicht: "Ich bin gekommen, ich habe gesehen und habe gesiegt." Aber gebt zu, wenn wir heute folgende Sätze formulieren, wie "Ich sah mir gestern den Tatort an." oder "Ich aß Jogurt zum Frühstück." oder "Ich schlief letzte Nacht ausgezeichnet." dann mutet das etwas komisch an. Aber eigentlich ist daran nichts auszusetzen - grammatikalisch ist alles sauber und inhaltlich versteht es auch ein jeder, oder?
  • "Ich habe mir also mal die aktuellen (noch geschätzten) Umsatzvolumen…" Der Plural mancher Fremdwörter ist offenbar trickreich, der von Volumen lautet Volumina. Wenn man sich nicht sicher ist, kann man immer auch die deutschen Begriffe nutzen. Beispiele: Aquarium --> Fischgläser, Globus --> Weltkugeln;-)
  • Die TA übertitelt einen Polizeibericht: "Safe im Autohaus aufgeflext" Aha - man kann nicht nur "kärchern", sondern auch "flexen" bzw. sogar "aufflexen". Der Name des Herstellers oder Gerätes wird also als Verb benutzt. Weiter gedacht hieße das: "Ich excele mal diese Zahlen." und "Photoshoppen Sie dieses Bild, bevor Sie es verwenden." und "Kaufen Sie noch oder ePagen Sie schon?"
  • Neue Begriffe in der Ausgabe 25 der Internet World Business:
    • Es gab eine Umfrage über "Zahlungsstörungen". Ich dachte, man zahlt oder eben nicht. Aber wir erfahren, dass ähnlich Verdauungs- oder Verkehrsstörungen die Gründe oder Ursachen für die nicht getätigte Bezahlung der Ware gefragt waren. Sieht man sich allerdings manche Gründe genauer an (Adresse falsch oder Annahme verweigert), so stehen diese nicht unmittelbar mit der Zahlung in Zusammenhang. Vermutlich bilden sich bei häufigen Vorkommnissen dieser Art vor dem PC des Händlers aber atmosphärische Störungen.
    • "eBay und T-Mobile partnern" Freilich gibt es das Wort "Partnern", z.B. in dem Satz: "Es ging um die Zusammenarbeit mit mehreren Partnern." (In diesem Fall Dativ, Zusammenarbeit mit wem.) Aber als Verb? Komischerweise stört es vermutlich wenige Leser, da es um zwei Firmen geht. Aber wenn der Standesbeamte demnächst spräche: "Möchten Sie mit dem hier anwesenden Max Mustermann partnern?" Oder in der Sportschau kündigt man die Mannschaftsaufstellung an mit: "Im Sturm partnern wieder Toni und Klose." Das gäbe zumindest Anlass zu Spekulationen.
  • In nahezu jeder Stadt gibt es Häuser aus der Gründerzeit. Interessant, dass ein bestimmter Zeitraum wirtschaftlichen Aufschwungs (im 19. Jahrhundert bis zum großen Börsenkrach 1873) einen solchen Namen trägt und behält. Als wäre davor oder danach nichts mehr gegründet worden. Insbesondere Ende der 1990er Jahre und nach 2000! Zugegeben waren zu viele dieser Gründungen auf Sand gebaut. Aber im guten Business-Denglisch werden wir bestimmt demnächst von der "Start-Up-Ära" sprechen.
  • Homonym der Woche: der Stollen. Grundsätzlich natürlich der Gang im Bergwerk. Neben weiteren Bedeutungen im Zusammenhang mit Schuhen, Hufeisen, Ilmenau, Literatur und Tischlereien (http://de.wikipedia.org/wiki/Stollen) möchte ich den vorweihnachtlichen Bezug nutzen und auf das mittlerweile über das Erzgebirge hinaus populäre Gebäck hinweisen. Dieser Stollen heißt so, weil er - aufgeschnitten - wie der Eingang zum Bergwerksstollen (Mundloch genannt) im Winter aussieht (die Form). Der Puderzucker symbolisiert den darauf liegenden Schnee und die Rosinen das im Erzgebirge früher abgebaute Silber. Heiligabend fand eine sog. Mettenschicht statt. Der Steiger, der Chef der Bergleute, hielt eine Predigt im sog. Huthaus und dann gab's ein einfaches Essen (Bratwurst, Kartoffelbrei und Sauerkraut), Kräuterschnaps und eine Zigarre. Ob die Bergleute Stollen im Stollen aßen, ist mir nicht bekannt.

 

So, das waren für 2007 die letzten Deutschthemen. Ich freue mich auf 2008 und möglichst viele unterhaltsame kleine und große Tücken in unserer Sprache. Und darauf, dass ihr als Leser etwas Spaß daran habt - Resonanz in Form von Kommentaren und Hinweisen jederzeit erwünscht.

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