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31/2013: Oschätzchen und Poolympiade

  • HSV-Torwart René Adler äußerte sich zu einer Knieverletzung: „Ich muss mich zur Geduld zwingen und meinen Verstand einschalten. Ich kann noch nicht sagen, ob es klappt.“ Sein Trainer Thorsten Fink meinte dazu: „Er trainiert teilweise, aber das geht nicht von heute auf morgen. Wir wollen nichts übers Knie brechen.“
    Weil ich ja die Fußballer gern einmal aufs Korn nehme – nun erhielt ich Unterstützung. Julian Draxler (Schalke 04) über das geistige Niveau von Fußballprofis: „Man muss nicht der hellste Kopf sein, um Fußball zu spielen. Manche spielen auch mit Totalschaden in der Birne groß auf.“ Ich weiß nicht, ob er das mit seinen 19 Jahren schon umfassend einschätzen kann. Auf jeden Fall hielt der junge Mann den Fußball für wichtiger in seinem derzeitigen Leben als die Schule – er verließ das Gymnasium vor dem Abschluss und wurde Profi.
  • Kindermund der Woche. Man kann ja halbnackt sein, oder eben ganz nackt. Kann man das dann noch steigern? Nackt ist nackt, könnte man denken, nackter also nicht mehr werden. Emma (5): „Nackt ist, wenn man noch einen Schlüpfer anhat. Ohne Schlüpfer ist nackig!“
  • Jugendsprache. Tom (11) zu seinem Bruder: „Ich habe voll gar nicht überlegt.“ Ich hoffe sehr, dass dieser Zustand nicht von Dauer ist.
  • Die Verkleinerungsform, den Diminutiv, gibt es ja für viele Substantive. Offenbar auch für Ortschaften, denn für das sächsische Oschatz gibt es in Brandenburg:
    Oschätzchen
  • Die Lausitzer Rundschau (LR) titelte: „Pumpernickel nach original Rezept“. Original kann sowohl als Substantiv als auch als Adjektiv genutzt werden. Entweder hätte es also „Original-Rezept“ oder „nach originalem Rezept“ heißen müssen. Original Duden!
  • Die LR berichtet weiter: „CDU-Landtagsabgeordnete Anja Heinrich, die 2012 eine Protestfahrt spendierte …“ Ich dachte immer, einen Protest kann man organisieren, gegen etwas erheben oder anbringen. In Brandenburg kann man Proteste hingegen auch spendieren. Wenn man aber in der Fußgängerzone wegen einer Spende angesprochen wird – spendet möglichst keine Proteste.
  • In einer Bildunterschrift verhaspelte sich der LR-Journalist dann vollends: „40 Jahre lang hatte er in dieserleben Wohnung gelebt und geraucht.“ Beim Rauchen hätte es vielleicht besser „diesertoten“ schreiben sollen.
  • Die Sportseite der LR warf erneut die Frage auf, wie das Land südlich von Kasachstan heißt: „… und holten den in Kirgisistan geborenen Stürmer nach Weißwasser.“ Früher sagten wir Kirgisien. Im Original heißt es „Кыргызстан“, weshalb vermutlich doch Kirgistan besser wäre.
  • Schildbürgerstreiche in Dresden. Wegen Baumaßnahmen wurden in dieser Straße Halteverbotsschilder für tatsächlich jede Parklücke aufgestellt:
    Schilderwald in Dresden
    Das ist vermutlich gesetzlich so geregelt, aber das Wiehern des Amtsschimmels kann man bis hierher hören.
  • Umgangssprache (danke Uta): „Diese Seilbrücke war so schmal, da konnte nur einer nebeneinander gehen.“ Oder eben alle hintereinander;-)
  • Auf der TA-Sportseite war von einer „Poolympiade“ die Rede. Erst nach dem Lesen des Artikels wurde mir klar, dass es nicht um eine Po-Olympiade ging.
  • Schwierige Wörter. Bei heise.de stand in dieser Woche: „Fast schon skuril anmutende Rechtsstreitigkeiten.“ Skurril (sonderbar, seltsam), eben mit „rr“, steht im Duden in der Liste der sog. schwierigen Wörter. Denn man muss schon aufpassen: Attrappe (2x Lautverdoppelung), aber Galerie. Jackett, aber Kumulation. Kommentar, aber Komitee.
  • Steigerungen (danke Herr Jarmuschek). Die Werbeleute haben’s aber auch nicht einfach. Wie soll man z.B. aus dem Meer der Gießkannenanbieter herausragen. Vielleicht mit einer solchen Beschreibung: „Ein schicker und stabiler Holzgriff rundet das Bild ab und macht die urige Gartenkanne noch besonderer.“ Mich, als Ingenieur, hätte ja vor allem das Volumen der Kanne interessiert. Meine Tochter geht mehr nach der Farbe – überraschend steht Hellblau derzeit hoch im Kurs. Dass der Griff stabil ist, davon würde ich immer ausgehen. Aber gut, dass das noch einmal dasteht. Was an einer Gießkanne urig sein soll, ist mir schleierhaft. Aber nun, der Holzgriff macht sie sogar „besonderer“! Dieses Adjektiv hat mehrere Bedeutungen, von denen hier vermutlich „über das Normale, das Übliche weit hinausgehend, hervorragend“ gemeint ist. Nun ist hervorragend durchaus zu steigern und über das Übliche kann man unterschiedlich weit hinausgehen. Lassen wir den Marketing-Strategen also eine längere Leine und die Steigerung zu. Denn: alle sind gleich, aber manche sind gleicher.
  • Eine gute Idee hatten die Produktmanager der Fa. Lego (danke Alex). Den drei Leuchttürmen unter den deutschen Bauvorhaben, nämlich dem Bahnhof Stuttgart21, dem Flughafen Berlin und der Elbphilharmonie Hamburg, widmen sie eine eigene Serie. Beworben wurde diese allerdings mit: „Gescheitere deutsche Großprojekte“. Womit bewiesen ist, dass die Autoren des Rundbriefes nicht ganz gescheit waren.
  • Fremdwort der Woche bei heise.de: „Wenn das einen Dateinamen meldet, handelt es sich um eine JavaScript-Datei, die mit eingestreuten Kommentaren obfuszierten PHP-Code enthält.“ Na, wer weiß jetzt gleich, was „obfusziert“ bedeutet? Tatsächlich handelt es sich um einen Fachbegriff, welcher Verschleierung von Quelltext bedeutet. Wie wir aktuell wissen, wird ja gern und viel verschleiert. Nicht schleierhaft ist hingegen, dass der Duden obfuszieren nicht kennt, er schlägt stattdessen „konfiszieren“ vor. Vielleicht sollten wir obfuszieren besser konfiszieren.
  • Denglisch der Woche bei t3n.de: „iPhone 5C und iPad 5: Neuer Leak zeigt, wie die Gehäuse aussehen“. Nun wissen, seit WikiLeaks so richtig bekannt wurde, vermutlich viele, was gemeint ist. Werden Wörter aus anderen Sprachen im Deutschen verwendet, stellt sich auch die Frage nach dem Geschlecht und dem damit zu verwendenden Artikel. In der o.g. Überschrift geht der Autor offenbar von „der Leak“ aus. Es soll im Deutschen jedoch vorrangig der Genus der deutschen Übersetzung verwendet werden. Leak kann (im o.g. Sinn) als (das) Leck oder auch (die) undichte Stelle übersetzt werden. Dann also eher das oder die Leak. Inhaltlich geht es ja darum, Details über ein Produkt vor der offiziellen Vorstellung zu verbergen (wenn es kein Leck gibt). Die gute alte Automobilbranche hat für ein solches Teil einen sehr schönen (deutschen) Namen: Erlkönig.
  • Mathematik-Thema der Woche (danke Micha):
    Undefined Apolda
    Wie viel ist -4,undefined???
  • Bahndurchsagen. Eine neue Variante, auf welcher Seite sich denn beim nächsten Halt des Zuges der Bahnsteig befindet: „Wir steigen auf der linken Seite aus.“ Ich fühlte mich ein wenig wie im Kindergarten: „Wir waschen uns die Hände und stellen uns dann in Zweierreihe an.“ Ich ignorierte jedoch auch die so formulierte Aufforderung, denn beim nächsten Halt handelte es sich um Weimar und ich wollte schon wie üblich bis Erfurt fahren und eben nicht aussteigen.
  • Paradoxon der Woche: Kann es bei Toiletten auch Einsteigermodelle geben?
  • Der Klops, ein typisch deutsches Gericht. Je nach Dialekt heißt er auch Frikadelle, Bulette, Fleischleiberl oder Fleischkloß.
    Klöpse
    Vielleicht, weil die Ähnlichkeit zum Kloß (Plural: Klöße) so groß ist, lässt der Duden sogar Klöpse als Mehrzahl zu. Empfohlen wird allerdings: Klopse.
  • Homonym der Woche: der Spieß (danke Klaus). Der Spieß ist zunächst eine Waffe, eine Stangenwaffe. Köche kennen ihn auch (z.B. Fleischspieß). Auch der Schachspieler (dort ein taktisches Motiv) und der Drucker nutzen diesen Begriff. Wenn früher tote Vögel (nach der Jagd) gezählt wurden, zählte man in Spießen (1 Spieß = 4 Vögel). Und schließlich kennen viele den Spieß bei der Armee: der Kompanie- oder Hauptfeldwebel, meist brüllend sorgt er für Ordnung.